Freitag, 6. September 2013

Lebenszeichen oder: Essay an meine Nerven

Hallo ihr Lieben! :)

Ja ich lebe noch!
Die letzte Klausurenphase hatte mich so geplättet, dass ich erstmal ein paar Wochen gebraucht habe um mich davon zu erholen. In diesen Wochen ist bei mir auch Einiges passiert...
Tut mir leid, dass der Text so lang geworden ist, aber ich hatte ein paar Krisen ;)
Und ich entschuldige mich auch hier schonmal für ein paar Kraftausdrücke ;)


In meiner Lern-Hoch-Phase bekam ich irgendwann einen totalen Anfall, irgendwie wollte das mit dem Abnehmen nicht und auf Lernen hatte ich auch keinen Bock mehr.
Aus lauter Frust bin ich dann nachts etwas länger im Internet gesurft und bin auf die rohvegane Ernährung gestoßen, insbesondere auf das 80/10/10-Prinzip von Dr. Graham. Das Prinzip: 80% der ca. 2000 Kalorien aus Kohlenhydraten, 10% der Kalorien aus Protein und 10% der Kalorien aus Fett. Klingt im ersten Augenblick kompliziert aber ernährt man sich rein pflanzlich ist das gar kein Problem. Die etwas lockerere Variante war "Raw Till 4" von Freelea: Bis 16 Uhr nur Rohköstliches, ab da sind dann auch Gekochte Naturprodukte erlaubt, aber absolut kein Öl, kein Salz, kein Fett, so viele Kalorien aus Obst wie nur möglich! Denn: Nicht Kohlenhydrate machen den Menschen fett, sondern Fett! Das klang für mich alles so unendlich logisch dass ich nach einigen Nächten voller Videos, Blogs und rohveganer Texte euphorisch loslegte.
Ich kaufte mir über 10kg reife Bananen, verbannte alles fetthaltige in den Schrank und bestellte 2kg Datteln im Onlineshop.
Morgens ging's dann los mit 5-10 Bananen, mal pur oder als Smoothie, ein paar Trockenfrüchte hinterher, mittags ungefähr dasselbe und abends gekochte Nudeln nur mit Tomatensauce. Das einzig Blöde an dem Prinzip: Obst hat ein hohes Volumen und man fühlt sich schneller satt, nimmt aber weniger Kalorien zu sich. Deswegen war ich alle zwei Stunden in der Küche und suchte verzweifelt etwas was ich noch essen könne, in der facebook-Gruppe warnte man mich davor "undercarbed"(von carbs, engl. Kohlenhydrate; der Zustand zu wenig KH gegessen zu haben) zu sein und noch viel viel mehr zu essen, 2000 Kalorien reichen absolut nicht aus. Also stopfte ich tagelang Obst in mich rein, meine Gedanken kreisten nur noch ums Essen und um die panische Angst zu wenig zu essen oder komplett "undercarbed" zu sein. Mein Bauch war dabei immer so gefüllt, dass ich mit einer Hochschwangeren hätte konkurrieren können. Schon nach kurzer Zeit war ich nur noch müde, konnte mich kaum noch auf meine Bücher konzentrieren und wollte nur noch schlafen. Selbst wenn ich 10 Stunden in der Nacht schlief (normal waren für mich ca. 7-8 Stunden Schlaf) hätte ich immer noch locker weiterschlafen können, und die Waage zeigte mir plötzlich einige Kilo mehr an. Das sei aber alles völlig normal, wie man mir in der fb-Gruppe mitteilte, erstens sammelte der Körper Wasser (?!) und der Mensch bräuchte an sich so viel Schlaf, wir seien ja schließlich nicht nachtaktiv.
Ich tauchte immer mehr in diese Ernährungsform ein und erfuhr, dass noch so viel mehr Lebensmittel ungesund seien: Kohl, Knoblauch, Tomatenmark, Linsen, Kakao, Gluten.... irgendwann schien mir alles in meiner Küche verboten zu sein, Kochen war ein Alptraum weil ich nichts mehr benutzen konnte und ich sah meine teuren Zutaten von VFF vor sich hin vegetieren. Ich fühlte mich schlapp und elend, meine Migräne die ich seit meiner veganen Umstellung nie wieder hatte war plötzlich wieder chronisch präsent.
Nach ca. drei Wochen rebellierte mein Körper gegen den Obst-Zwang und ich kotze eines Morgens meinen 10-Bananen-Smoothie wieder hochkantig aus. In der Gruppe versuchte man mir einzureden dass es daran lag, dass ich einfach zu wenig gegessen hätte und wohlmöglich "undercarbed" war - die Erklärung für jede Kritik.
Mich nervte alles nur noch, und mir kam das Ganze nur noch suspekt vor. Wenn das so gesund sein soll, wieso reagiert mein Körper so?  In der Gruppe schob man es auf die Umstellung, aber selbst meine Entgiftung von omnivor auf vegan ging schneller und glimpflicher von statten und ich fühlte mich ja auch sofort super. Aber hier? Ich fühlte mich nur noch wie mein hingekotzter Bananen-Smoothie. Alles war verboten, ich hatte nur noch Migräne, meine Gedanken kreisten nur noch ums Essen und überall waren die verdammten Fruchtfliegen. Und sorry aber ihr könnte mir doch nicht ernsthaft erzählen dass Knoblauch und Kohl ungesund seien?!
Obwohl mir die Prinzipien vom Grunde her total logisch erschienen entschied ich mich um meiner selbst willen das Ganze zu beenden.
Aber was dann?
Zurück zu Vegan For Fit? 
Und dann fiel es mir wie Schuppen von den Augen: Damals wollte ich nur 8 kg abnehmen. Wäre ich von Anfang an dabei geblieben, wäre ich JETZT am Ziel!
!!!!VERDAMMT!!!!!
Ich kramte meine alten Ernährungstagebücher von der ersten Challenge (im Januar) wieder raus und stellte fest, dass ich damals so vieles falsch gemacht hatte: kein Sport, zu viele Belohnungen und irgendwann aß ich komplett challengeuntauglich. Kein Wunder dass es immer nur (trotz der vielen Fehler!!!) 1kg im Monat war.
Aber trotzdem: Durch meine falsche Selbstwahrnehmung und meine Ungeduld war ich jetzt noch weiter vom Ziel entfernt und ganz offen gesprochen: Es funktioniert einfach. Ich weiß zwar nicht wie man trotz Unmengen an Mandelmus und Agavendicksaft abnehmen kann aber verdammt es funktioniert, die 15.000 Mitglieder in der facebook-Gruppe, die täglich ihre Erfolge posten, sind der lebende Beweis.
Also kurz gefasst: Ich bin wieder zurück in der Schoß von Mutter VFF.

Einziges Problem: Semesterferien.
Es standen einige Kurzurlaube und Wochenendtrips an.
Und während ich versuchte tapfer zu challengen und auch wieder Sport in mein Leben zu integrieren, kam spätestens alle zwei Wochen etwas dazwischen und die ganze Arbeit der vorherigen Wochen löste sich in Luft auf. ABER: Mein letzter Wochenendtrip ist vom 11.-15. September, ab dann heißt es CHALLENGE FOR LIFE! 
Aber dazwischen machte es mir die Ungeduld immer wieder schwer... kaum war ich eine Woche konstant beim Training und brav bei meiner Ernähung, schon erwartete ich Wunder auf der Waage und frustrierte permanent, wenn sich dort nichts tat. Der erste Kilo war schnell weg aber plötzlich genauso schnell wieder drauf und seit Wochen klebe ich noch an den Extra-Kilos, die ich aus "Raw Till 4" mitgenommen hatte. Nun sind es nicht nur 8 Kilo zu meinem Wunschgewicht, sondern über 10kg! Ich passe kaum noch in meine Standard-Klamotten. Es ist einfach nur noch ätzend.

Ein weiters Phänomen, das mich in den letzten Wochen ordentlich Nerven kostete: Mein soziales Umfeld.  Auch wenn gewichtstechnisch gerade nichts so läuft wie ich gern hätte, so war ich dennoch selten so entschlossen endlich am Ball zu bleiben.
In den Ferien hatte ich allerdings auch vorgenommen, wieder Zeit mit Freunden zu verbringen, was davor zu kurz kam.
Und da war sie wieder...
Die Frage die mich seit dem ununterbrochen verfolgt
und mich fast in den Wahnsinn treibt:
"Isst du immer noch vegan????"- JA VERDAMMT!
Obwohl ich gerne erzähle wie gut mir die vegane Ernährung tut, so scheint es dennoch mein Umfeld zu erstaunen - ach was, zu schockieren -  dass ich dabei bleibe.
Nun heißt es jedes Mal wenn ich mich mit jemandem verabrede: "Ja ich esse immer noch vegan.", "Nein, ich trinke im Moment keinen Alkohol.", "Was ich noch essen kann? Ach soooo vieles..", "Ja das ist noch ein Leben!", "Nein ich habe nicht zu viel Zeit", "Nein ich habe nicht zu viel Geld" und es fällt mir immer schwerer dabei freundlich zu bleiben und zu lächeln.
Beliebt ist auch immer der Satz "Ach komm schon, heute kannst du ja mal eine Ausnahme machen.", kommt auch gerne in der Variation "Ach, nur ein Sektchen! Das macht doch nichts!".
Und bleibe ich hart - was mir nicht immer leicht fällt - so werde ich nur mit einem mitleidigen Lächeln belohnt, als hätte ich kein Leben mehr oder was davon übrig ist sei nur noch ein trauriges Häufchen Elend.
Und manchmal stelle ich mir dabei die gemeine Frage: "Was glaubst du eigentlich wer du bist mir zu sagen, wann ich eine Ausnahme machen soll?! Und überhaupt, du heulst ständig wegen deines Übergewichts rum aber bist zu faul um etwas zu ändern. Vegan könntest du nicht? Nein du WILLST es nur nicht, denn deine Argumente sind nichts weiter als Ausreden! Wenn dein Leben so traurig bleiben soll, dann bitte, aber verurteile mich nicht weil ich etwas ändern möchte!!!!"
- Bin ich jetzt böse? -
Gemein ist es, zugegeben, aber ich ertrage diesen Beschuss einfach nicht mehr, ich bin es einfach leid.

Eine neue Bekanntschaft macht es mir da besonders schwer ruhig zu bleiben.
Ich kenne sie erst seit ein paar Wochen und haben schon ein paar mal was unternommen.
Vor einigen Wochen lud sie mich zu einem DVD-Abend ein, dass ich vegan esse und zudem eine "Diät" mache wusste sie zu dem Zeitpunkt bereits. Wir wollten zusammen essen und weil ich keine Arbeit mache wollte, bot ich an mein Essen selbst mitzubringen und bereitete brav den Salat Caprese Style vor. Wir machten aber trotzdem noch einen kleinen Abstecher im Supermarkt, ich wusste ja nicht, dass es für mich eine Geduldsprobe werden würde...
Kaum waren wir drin sagte sie sofort: "Aber ein Sektchen gönnen wir uns heute!".
Ich, noch fröhlich lächelnd: "Sorry aber ich trinke ja im Moment nicht."
Sie: "Jaaa aber ein Hugo, der macht ja nichts."
Ich: "Ne tut mir leid das geht echt gar nicht."
Sie: "Hmmm..jaaa aber guck mal das ist doch kaum Alkohol drin!"
Ich: "Trotzdem, ist ja auch ordentlich Zucker drin."
Sie: "Ach kaum! Das ist jetzt auch keine große Sünde"
Ich: "Aber Sünde ist Sünde..."
Sie: "Aber....!"
Das ging noch eine Weile so, bis sie endlich Ruhe gab.
Der Rundgang im Supermarkt ging weiter...
Sie: "Sollen wir Mozzarella mitnehmen?"
Ich: "Duuu, das esse ich doch gar nicht."
Sie: "Ach ja!"
Das selbe bei der Milch, dem Frischkäse, der Milchschokolade, der Sahne, dem Cappuccino-Pulver, dem Schinken, der Chips, der Cola, den Energy-Drinks, bis wir dann wieder beim Alkohol ankamen und die Ganze Diskussion wieder von vorne anfing.
Ihr könnt euch ja gar nicht vorstellen wie genervt ich war....
Bei ihr zuhause ging es dann noch weiter "Willst du wirklich kein Sekt??" - "Nein" - "Sicher?? Letzte Chance!" - "Ganz sicher!" - "Wirklich????"....  Dafuq!? Tut mir leid, aber ich war ehrlich froh, als ich wieder zuhause war.

Aber im Grunde bin ich nirgends sicher.
Selbst meine Mutter, die meinen Veganismus  allmählich toleriert, nervt mich immer wieder aufs Neue.
Wie Anfang letzter Woche, als wir bei schönem Wetter unterwegs waren weil sie sich beschwerte ich sei so schwer zu Gesicht zu bekommen. Ich war schon seit ein paar Tagen Sünden-frei, trainierte hart und mir ging es super, aber uns packte plötzlich der Hunger und es verschlug uns zum Italiener. Zum Glück gab es dort Vollkorn-Dinkelnudeln mit einfacher Tomatensauce - vegan und irgendwooo noch challengetauglich, wenn man es nicht zu genau nimmt.
Später sagte meine Mutter plötzlich in ihrem Größe-34-Kleidchen: "Kind guck mal, deine Ernährung ist zuuu kohlenhydratlastig! Schon wieder Nudeln!! So wirst du nie abnehmen!". Für einige Sekunden verfiel ich in Schockstarre: Seit Wochen hatte ich keine Nudeln mehr angerührt, Bolognese gab es höchstens zu Zucchini-Nudeln und überhaupt ist die Challenge überwiegende Low Carb ausgerichtet. Ich erklärte ihr dies nochmal ganz genau, und dass sie der Grund dafür sei, dass ich an diesem Tag für sie eine Ausnahme gemacht hätte, aber sie lächelte nur ab.

Und ich habe mir eines geschworen:
Ich unterbreche für niemanden mehr.
Es ist mir egal, ob ich unbequem bin und die Leute  mit meiner speziellen Ernährung nerve.
Ich habe erkannt, dass die Leute um einen herum dich immer runterziehen werden, denn dein Erfolg zeigt ihnen, dass sie schwach sind. Warum sollte ich für jemanden eine Ausnahme machen? Für mich wird auch keiner mit dem Rauchen aufhören und ein wahrer Freund würde dich bei deinem Vorhaben unterstützen und dir nicht noch mehr Steine in den Weg legen.
Außerdem habe ich es satt mir Ernährungstipps von Leuten anzuhören, die selbst ihren Hintern nicht bewegen und sich täglich ungesunde Schweinereien in den Mund kippen nur um hinterher zu heulen, dass sie einfach nicht abnehmen.
Mich hat der Ehrgeiz gepackt es allen zu zeigen und am Ende werden sie mich anbetteln ihnen mein "Geheimnis" zu verraten.... :)



3 Kommentare:

  1. Schön, wieder etwas von dir zu lesen; ich habe mir schon gefragt, wo du bist.
    Da hast du ja eine wahrhafte Tortur hinter dir, hoffentlich geht es dir jetzt körperlich besser.
    Ich wünsche dir weiterhin viel Durchsetzungsvermögen, dich gegen deine Mitmenschen behaupten zu können. Leider wird man sich Abnehmwilliger und Veganer/Vegetarier wohl immer mit pseudowissenschaftlicher Argumentation und "wohlgemeinten" Überzeugungsversuchen herumschlagen müssen.
    Und ich bewundere ehrlich deinen Ehrgeiz trotz allem weiter an deiner neuen Ernährungsform festzuhalten und es noch einmal zu versuchen – einfach klasse!

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    1. Danke Fauvette!! Deine Einträge sind immer so lieb und motivierend!!
      Heute will ich in meine neue Ernährung starten, nachdem ich die letzten Tage im Urlaub durchgeschlemmt habe - ein richtiges Konzept habe ch aber noch nicht =/ Ob ich wirklich ehrgeizig bin kann ich nicht sagen :D ich hab nur keine Lust mehr auf das Pseudo-Gequatsche und will's denen endlich zeigen!! :D

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  2. Oh mein Gott, ich weiß so genau was du meinst. Erst letztens, da war ich zu Hause und mittlerweile habe ich auf 72kg abgenommen (ich bin mir nicht sicher, ob du dich noch an mich erinnerst, wir haben uns im Vegan For Fit Forum kennengelernt: KatinkaKaoelka) also 14kg. Man sieht meinen Erfolg, ohne Zweifel aber von meiner Mum war nichts zu hören. Erst als ich aus der Küche ging hörte ich sie flüstern: Die hat aber ganz schön abgenommen ne? Ist schon ganz schön dürr, dass ist weil die ja auch nichts mehr isst. Die gönnt sich ja auch gar nichts mehr!"

    Wo ich dann auch einfach keinen Nerv mehr habe mich damit auseinander zu setzen. Ich hab einfach nicht darauf reagiert, so getan als hätte ich es nicht gehört, aber mal ganz im Ernst: Was wissen andere Leute schon? Ich gönne mir eben nicht ne Tüte Haribo mit Ekelgelatine oder MilkaOreo oder was auch immer. Ich esse dann Abends eben 500g Erdbeeren ganz alleine und wenn ich bock drauf habe, dann tutsch ich die Hälfte davon in Schokolade. Für andere Leute zählt das zu "gesunder Ernährung" für mich ist das eine Ausnahme und etwas was ich mir gönne. Die Menschen um einen herum, die wissen gar nichts. Ehrlich! Und es bringt nichts, sich darüber aufzuregen.

    PS. Ich würd mich freuen, wenn du dich mal wieder auf meinem Blog blicken lässt.
    Katharina

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